Pfingsten 2016

in drei verschiedenen Kirchen



Was ist Pfingsten eigentlich geschehen? Vor einigen Monaten hatten wir in der Sakristei eine spannende Diskussion über das Wissen der Menschen über den katholischen Glauben; was wissen die Menschen eigentlich noch, was glauben die Menschen eigentlich? Und was wissen die kirchbesuchenden Katholiken eigentlich noch?


Noch gut erinnere ich mich an ein Lehrveranstaltungswochenende des „Würzburger Fernkurses“ zur Dogmatik in Hamburg, es muss um das Jahr 2009 gewesen sein. Ich hatte den Fernkurs vor dem Studium am Erzbischöflichen Diakoneninstitutes in Köln belegt, den Grundkurs erfolgreich absolviert und kurz bevor ich mich zur Prüfung des Aufbaukurses anmelden wollte, bekam ich die Zusage für das Studium und die Ausbildung in Köln. Der damalige Würzburger Dogmatikdozent meinte (in einer Pause beim Kaffee), es wäre erschreckend, wie viele Menschen zur Eucharistie gehen und an die Reinkarnation glauben würden. Damals konnte ich diese Meinung noch nicht teilen, heute frage ich mich aber auch ab und zu, was mancher Katholik wohl glaubt...

Vor einigen Monaten in der Sakristei hatten wir also auch solch eine Diskussion und einer der Anwesenden meinte, ihm habe mal jemand auf die Frage, was Pfingsten eigentlich geschehen sei geantwortet: „Pfingsten hat doch Jesus geheiratet!“

Und dann war da auch noch diese sehr prägende und geniale Begegnung mit fünf Vertretern von vier Geistlichen Gemeinschaften in Köln, was ich sowieso in einer der nächsten Predigten verarbeiten wollte. Diese fünf Menschen hatten mich mit ihrer Glaubensfestigkeit und -treue derart beeindruckt, dass ich unbedingt mal über unser und vor allem über mein eigenes Verhalten nachdenken wollte. Es hat mich schon öfter nachdenklich gestimmt, wie missmutig mancher Kirchenbesucher nach der heiligen Messe und der Eucharistiefeier, gerade den Leib Christi empfangen, „strahlend“, quasi als „lebende Monstranz“ nach Hause geht (und natürlich entdecke ich solches Verhalten auch bei mir...). Und genauso hat es mich nachdenklich gestimmt, wenn es doch auch öfter scheint, dass es die Kleriker und andere kirchliche Mitarbeiter sind, die besonders wenig von der Frohen Botschaft zeigen und leben (hmm, trifft mich auch schon wieder...).

Das Thema der Pfingst-Predigt war damit gesetzt. Ich durfte die Predigt zweimal am Pfingstsonntag in der Wattenscheider Propsteikirche halten. Und da ich die Predigt ziemlich zeitneutral verfasst hatte, konnte ich sie auch noch am Pfingstmontag in der Bochum-Voeder Hl.-Kreuz-Kirche und in der Bochum-Grummer St.-Liborius-Kirche halten. Und da Pfingsten ein Hochfest ist, wollte ich das Evangelium auch singen:


Der Halleluja-Ruf und das Evangelium im (IV-Ton)



Das Evangelium (Joh 14, 15-16.23b-26)

In jener Zeit sprach Jesus zu seinen Jüngern:
Wenn ihr mich liebt, werdet ihr meine Gebote halten. Und ich werde den Vater bitten, und er wird euch einen anderen Beistand geben, der für immer bei euch bleiben soll.
Wenn jemand mich liebt, wird er an meinem Wort festhalten; mein Vater wird ihn lieben, und wir werden zu ihm kommen und bei ihm wohnen.
Wer mich nicht liebt, hält an meinen Worten nicht fest.
Und das Wort, das ihr hört, stammt nicht von mir, sondern vom Vater, der mich gesandt hat.
Das habe ich zu euch gesagt, während ich noch bei euch bin.
Der Beistand aber, der Heilige Geist, den der Vater in meinem Namen senden wird, der wird euch alles lehren und euch an alles erinnern, was ich euch gesagt habe.

Die Predigt



Die Predigt

Liebe Schwestern und liebe Brüder,

Pfingsten, das ist heute, ist ein weiteres großes Fest der Christenheit, immerhin ist in ganz Deutschland sogar noch der Montag, der Pfingstmontag, ein gesetzlicher Feiertag. Wir müssen nicht zur Arbeit, wir müssen nicht in die Schule, wir können statt dessen in die Kirche gehen. Und nach der Kirche können wir dann irgendwo, sofern es das Wetter zulässt, ein Eis essen oder einen Kaffee trinken gehen. Pfingsten ist ein großes Fest!
Aber was feiern wir Pfingsten überhaupt? Einfach nur das Ende der Osterzeit fünfzig Tage nach Ostern? Oder hat Pfingsten eine andere Bedeutung? Was ist an diesem Pfingsttag eigentlich geschehen? Es gibt Stimmen, die sagen, der Name Pfingsten komme aus der jüdisch Tradition und der griechischen Sprache und bezeichne mit pentecoste, was soviel wie „am fünfzigsten Tag“, bedeute, das jüdische Erntefest. Pfingsten ein Ernte- oder ein Erntedankfest? Andere bezeichnen Pfingsten als den Geburtstag der Kirche. Hat unsere Kirche heute Geburtstag? Oder ist Pfingsten der Tag, an dem Jesus geheiratet hat, also der Hochzeitstag Jesu? Oder ist Pfingsten ein Missionsfest, wie man es auch ab und zu hören kann? Was ist an Pfingsten passiert, was feiern wir heute eigentlich?

Vor neun Tagen haben wir mit dem Fest Christi Himmelfahrt den Fortgang unseres Herrn und Erlösers Jesu Christi bedacht, wir haben den Tag, der auch ein Feiertag war und an dem wir frei hatten, gefeiert und dennoch ist eine kleine Trauerzeit in die große Osterzeit eingekehrt, denn mit dem Fortgang Jesu waren wir wieder allein. Jesus hatte uns allerdings, bevor er zum Himmel erhoben wurde, den Heiligen Geist verheißen und seit Urzeiten nutzt die Kirche die Zeit von Christi Himmelfahrt bis zum heutigen Pfingstfest, diese Zeit von neun Tagen, die auch die Pfingstnovene genannt wird damit, den Heiligen Geist zu rufen, um sein Kommen regelrecht zu flehen. Und eben, sowohl in der Lesung als auch im Evangelium, haben wir es gehört: Der Heiligen Schrift nach ist am Pfingsttag der Heilige Geist mit Brausen und Getöse, wie wenn ein heftiger Sturm daher fährt, vom Himmel gekommen und auf die Menschen, die im Namen Gottes versammelt waren, nieder gegangen. Der Heilige Geist hat die Menschen erfüllt und hat sie ausgesandt. Heute ist er gekommen, der Heilige Geist, der auch der Paraklet, der Beistand, der Anwalt, der Beschützer, der Lehrer, der Begleiter oder der Tröster genannt wird. Schon seit dem 4. Jahrhundert wird Pfingsten als ein großes Fest gefeiert und die Aussendung des heiligen Geistes an diesem Tag in den Mittelpunkt gestellt. Ist Pfingsten also das Fest des Heiligen Geistes? Der Heilige Geist ist unter uns und wirkt unter uns, er bringt seine sieben Gaben und zwölf Früchte hervor, Früchte des Glaubens, Früchte der Hoffnung und Früchte der Liebe. Ist Pfingsten das Fest der Vorfreude auf diese Früchte? Wenn man das in den Mittelpunkt stellt, dann kann Pfingsten auch als Erntefest gefeiert werden.

Liebe Schwestern und liebe Brüder, in der Apostelgeschichte etwas später als die heutige Perikope können wir lesen, dass Petrus am Pfingsttag seine Zuhörer mit der Botschaft Jesu derart begeisterte, dass sich 3000 Menschen an diesem Tag taufen ließen. Pfingsten kann also auf jeden Fall durch die Taufe so vieler Menschen als der Geburtstag der Kirche gesehen werden. Und, wie wir gehört haben, beschreibt der Evangelist Lukas, dass an Pfingsten die Apostel vom heiligen Geist inspiriert wurden und sie die Fähigkeit erhielten, in den unterschiedlichsten Sprachen von den Taten Gottes zu berichten und die Menschen zu begeistern. Somit wurde an Pfingsten auch der Grundstein für die Mission gelegt. Und wenn, wie wir eben festgestellt haben, der Pfingsttag der Geburtstag der Kirche und die Kirche die Braut und Christus der Bräutigam ist, dann kann Pfingsten auch als der Hochzeitstag Jesu gesehen werden, auch wenn diese Hochzeit erst am jüngsten Tag vollendet wird.

Pfingsten können wir als Erntefest, als Missionstag, als Hochzeitstag Jesu, und auf jeden Fall auch als Geburtstag der Kirche, unserer heiligen Kirche sehen, mit Jesus dem Haupt und uns den Gliedern, den lebenden Steinen unter dem Eckstein Jesus Christus. Und in diese Kirche hat Jesus Christus den Heiligen Geist gesandt um sich zu verzeitlichen, um in dieser unseren Kirche gegenwärtig zu sein. Gegenwärtig ist Jesus in der Kirche durch den Heiligen Geist in den heiligen Sakramente, wie wir es auch gleich wieder in der Eucharistie feiern werden, wenn Jesus Christus als das Brot des Lebens zu uns kommt und wir in Jesus und Jesus in uns sein kann.

Liebe Schwestern und liebe Brüder, was ist das für ein großartiges Geschenk, was Jesus uns da gemacht hat. Jesus ist zu uns Menschen gekommen und hat nicht nur die Botschaft vom Himmelreich gebracht, er lässt uns sogar jetzt schon durch seine Heilige Kirche und seine Zusage des Heiligen Geistes am Himmelreich teilhaben, jetzt schon hier auf Erden.

Und wir? Was machen wir daraus? Was bedeutet für uns Kirche? Und wie gehen wir mit unserer Kirche um? Wie gehen wir mit diesem großartigen Geschenk unseres Herrn Jesus Christus um?

Manchmal habe ich das Gefühl, „Kirche“ besteht im Denken vieler Menschen nur noch aus ein paar wenigen Themen, die auch nur noch negativ bewertet angesprochen werden, wie zum Beispiel Zölibat, Frauenordination, Bischof Tebartz-van Elst, untragbare Vorstellungen zur Sexualmoral, Sakramentenverweigerung für wiederverheiratet Geschiedene, kirchliche Verschwendungssucht und, wenn wir hier weiter nachdenken, wir könnten noch weitere Themen finden. Ist es das, was wir aus dem großartigen Geschenk unseres Herrn und Gottes gemacht haben?

Und manchmal, liebe Schwestern und liebe Brüder, manchmal erscheinen mir gerade die kirchlich besonders gebundenen Menschen, und zu denen gehören eben auch die hauptberuflich Angestellten und die Kleriker, als besonders negativ. Anstelle in die strahlenden Gesichter der vom Glauben erfüllten und von der Hoffnung wunderbar getragenen Menschen zu blicken, sehen wir all zu häufig den Missmut und die Frustration in deren Gesichtern stehen. Anstelle von der Frohen Botschaft unseres Herrn Jesus Christus zu hören, die uns mit so unsagbarer Hoffnung erfüllen kann, hören wir doch immer wieder nur das Klagen über immer weiter reduzierte Haushaltspläne, über Kirchenschließungen, fehlende Priester, über aus der Kirche austretende Menschen und über all den Ärger, den das Engagement für diese unsere Kirche so mit sich bringt. Kann das andere Menschen anstecken? Ist das unser Glaube? Kann das die Begeisterung für die Kirche zeigen? Entdecken wir dadurch unseren Glauben neu und bekommen wir damit wieder volle Kirchen? übrigens, um das auch noch am Rande zu erwähnen, wir leben in einer Zeit, in der der Hunger nach Antworten auf die Fragen des Lebens und des Seins, der Wunsch nach Hoffnung und der Schrei nach Gott so unsagbar groß ist, wie uns die vielen Ersatzreligionen zeigen!

Jesus Christus hat uns mit seiner Kirche ein großartiges Geschenk gemacht. Wie gehen wir mit diesem großartigen Geschenk unseres Herrn Jesus Christus um?

Wir... wir, das bin ja auch ich! Wie gehe ich mit seinem Geschenk um? Denn auch ich gehöre zu den eben angeklagten Klerikern und bin ein Teil unserer Kirche, auch ich habe negativen Stimmungen und lebe sie manchmal an anderen Menschen aus und kann in das allgemeine Kirchen-Lamento so gut einstimmen. Auch ich strahle oftmals nicht diese Freude über meinen Glauben aus, die ich gerade eingefordert habe! Wie gehe ich mit diesem großartigen Geschenk um, dass Jesus Christus auch mir gemacht hat? Wie sehr verletze ich meinen Herrn und meinen Gott Jesus Christus mit meinem Verhalten?

Die selige Mutter Theresa, die demnächst heilig gesprochen wird, wurde einmal gefragt, was sich ihrer Meinung nach als erstes in der Kirche ändern müsse. Ihre Antwort war: Du und ich!

Auch wir müssen uns also ändern und unser Leben wieder auf Gott und auf Jesus Christus hin ausrichten und unsere Freude über unseren Glauben zeigen; auch ich muss mich ändern und darüber nachdenken, welche Wirkung ich erziele, wenn ich das, was mein Lebensmittelpunkt sein sollte, derart zu kurz kommen lasse!

Dabei weiß auch ich, wenn ich Menschen für den Glauben und die Kirche, für den dreieinen Gott, den Vater, den Sohn und den Heiligen Geist, für Maria, die Mutter Jesu und die Mutter der Kirche, für die vielen Heiligen mit ihren vorbildhaften Lebensgeschichten und für die Hoffnung auf Erlösung und auf ein ewiges Leben bei Gott, auf ewige Glückseligkeit, wenn ich Menschen dafür begeistern will, dann muss ich diesen Glauben ausstrahlen, ich muss ihn leben, ich muss Zeugnis dafür geben. Dabei darf ich auf die Hilfe des Heiligen Geistes vertrauen, denn ohne ihn werde ich das nicht schaffen. Ich muss das Feuer in anderen Menschen entfachen, ich muss andere Menschen dafür begeistern. So, wie schon der heilige Augustinus vor 1600 Jahren sagte: „Nur wer selbst brennt, kann Feuer in anderen entfachen“.

Ich muss das Feuer der Leidenschaft ausstrahlen, ich muss meinen Glauben an Jesus Christus zeigen, ich muss zu meinem Glauben an die heilige katholische Kirche stehen, ich muss ihn als die wertvollste Kraftquelle in meinem Leben ansehen. Ich muss brennen! Und die Quelle meines Glaubens ist Jesus Christus, der in der Heiligen Kirche durch den Heiligen Geist verzeitlicht ist. Die Quelle meines Glaubens ist die Kirche, deren Geburtstag wir heute feiern. Die Kirche, in die Jesus Christus seinen Geist gesandt hat. Die Kirche, in der Jesus Christus in den heiligen Sakramente allgegenwärtig ist.

Liebe Schwestern und liebe Brüder, ich wollte ihnen heute von einem für mich großartigen Erlebnis berichten. An meiner Ausbildungsstätte, dem Erzbischöflichen Diakoneninstitut in Köln hatten wir vor wenigen Wochen eine Veranstaltung, in der es um Geistliche Gemeinschaften ging. Geistliche Gemeinschaften sind Gruppen von Menschen, die in unserer römisch-katholischen Kirche ihren Glauben besonders leben wollen, etwa durch besonders intensives Gebet, durch die Förderung der eigenen Charismen, durch die besondere Verehrung eines Heiligen, durch das Einhalten fester Gebetszeiten, oder auch durch besondere Gelübde aber immer durch die Gemeinschaft mit anderen Menschen in der Gemeinschaft mit Jesus Christus und in der Ausrichtung auf Jesus Christus. Der Kölner Kardinal Meisner hatte solche Geistlichen Gemeinschaften gefördert und empfohlen, in Köln finden sich deshalb auch einige mehr als in unserem Essener Bistum. Der Vatikan sieht in den Geistlichen Gemeinschaften ein wertvolles Instrument zur Glaubensstärkung und zur Neuevangelisierung. Bekannte Geistliche Gemeinschaften sind etwa der Neokatechumenale Weg, die Schönstatt-Bewegung, die Legio Mariae, die wir auch bei uns in Bochum antreffen, das Regnum Christi oder die Charismatische Erneuerung und noch viele weitere; in einer letzten Zählung des Vatikans von vor zehn Jahren waren weltweit über 120 solcher Gemeinschaften päpstlich anerkannt. Und vier dieser Geistlichen Gemeinschaften waren am Kölner Diakoneninstitut durch fünf Personen vertreten.

Liebe Schwestern und liebe Brüder, das war ein unglaubliches Erlebnis, weil diese fünf Menschen ihren Glauben in den Mittelpunkt ihres Lebens gestellt haben und ihn ausstrahlen. Weil diese fünf Menschen, alles übrigens Laien, keine Kleriker, drei Frauen, zwei Männer, uns Diakonen eine Ausrichtung auf Jesus Christus gezeigt haben, die ansteckend ist, die brennt, die beispielhaft ist, die das Feuer in einem entfacht. Weil diese fünf Menschen, in Beruf, Studium oder Rente, mit Familien und Freunden, verheiratet, verwitwet oder alleinstehend, mit normalen weiteren Interessen, mit Lebensläufen, die wir auch unter uns leicht finden werden, mit unterschiedlichem Werdegang und unterschiedlichem sozialen Hintergrund, weil diese fünf Menschen uns ihre Liebe zu Gott und der Heiligen Mutter Kirche bezeugt haben einfach dadurch, dass sie da waren und es so echt, so wirklich, so authentisch war. Weil sie die Freude zeigten, die sie erfüllte, weil sie diese Freude ausstrahlten! Weil diese fünf Menschen in einer Art Zeugnis ablegten, die einmalig war. Vier verschiedene Gemeinschaften durch fünf verschiedene Menschen vertreten, im Alter von 23 bis 80 Jahren, mit unterschiedlichen Ausrichtungen aber mit dem einen Mittelpunkt: Jesus Christus! Der Jesus Christus, der uns an Pfingsten das großartige Geschenk der Kirche gemacht und seinen Geist gesandt hat.



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e-mail: Ulrich Franzke <sinus@ulrich-franzke.de>