Das Evangelium (Joh 14, 15-16.23b-26)
In jener Zeit sprach Jesus zu seinen Jüngern:
Wenn ihr mich liebt, werdet ihr meine Gebote halten. Und ich werde den
Vater bitten, und er wird euch einen anderen Beistand geben, der für
immer bei euch bleiben soll.
Wenn jemand mich liebt, wird er an meinem Wort festhalten; mein Vater
wird ihn lieben, und wir werden zu ihm kommen und bei ihm wohnen.
Wer mich nicht liebt, hält an meinen Worten nicht fest.
Und das
Wort, das ihr hört, stammt nicht von mir, sondern vom Vater,
der mich gesandt hat.
Das habe ich zu euch gesagt, während ich noch bei euch bin.
Der Beistand aber, der Heilige Geist, den der Vater in meinem Namen
senden wird, der wird euch alles lehren und euch an alles erinnern,
was ich euch gesagt habe.
Die Predigt
Liebe Schwestern und liebe Brüder,
Pfingsten, das ist heute, ist ein weiteres großes Fest der
Christenheit, immerhin ist in ganz Deutschland sogar noch der Montag,
der Pfingstmontag, ein gesetzlicher Feiertag. Wir müssen nicht zur
Arbeit, wir müssen nicht in die Schule, wir können statt dessen
in die Kirche gehen. Und nach der Kirche können wir dann irgendwo,
sofern es das Wetter zulässt, ein Eis essen oder einen Kaffee
trinken gehen. Pfingsten ist ein großes Fest!
Aber was feiern wir Pfingsten überhaupt? Einfach nur das Ende der
Osterzeit fünfzig Tage nach Ostern? Oder hat Pfingsten eine andere
Bedeutung? Was ist an diesem Pfingsttag eigentlich geschehen?
Es gibt Stimmen, die sagen, der Name Pfingsten komme aus der jüdisch
Tradition und der griechischen Sprache und bezeichne mit pentecoste, was
soviel wie
„am fünfzigsten Tag“,
bedeute, das jüdische Erntefest.
Pfingsten ein Ernte- oder ein Erntedankfest?
Andere bezeichnen Pfingsten als den Geburtstag der Kirche. Hat unsere
Kirche heute Geburtstag? Oder ist Pfingsten der Tag, an dem Jesus
geheiratet hat, also der Hochzeitstag Jesu? Oder ist Pfingsten ein
Missionsfest, wie man es auch ab und zu hören kann? Was ist an
Pfingsten passiert, was feiern wir heute eigentlich?
Vor neun Tagen haben wir mit dem Fest Christi Himmelfahrt den Fortgang
unseres Herrn und Erlösers Jesu Christi bedacht, wir haben den Tag,
der auch ein Feiertag war und an dem wir frei hatten, gefeiert und dennoch
ist eine kleine Trauerzeit in die große Osterzeit eingekehrt, denn
mit dem Fortgang Jesu waren wir wieder allein. Jesus hatte uns allerdings,
bevor er zum Himmel erhoben wurde, den Heiligen Geist verheißen und
seit Urzeiten nutzt die Kirche die Zeit von Christi Himmelfahrt bis zum
heutigen Pfingstfest, diese Zeit von neun Tagen, die auch die Pfingstnovene
genannt wird damit, den Heiligen Geist zu rufen, um sein Kommen regelrecht
zu flehen. Und eben, sowohl in der Lesung als auch im Evangelium, haben wir
es gehört: Der Heiligen Schrift nach ist am Pfingsttag der Heilige
Geist mit Brausen und Getöse, wie wenn ein heftiger Sturm daher
fährt, vom Himmel gekommen und auf die Menschen, die im Namen
Gottes versammelt waren, nieder gegangen. Der Heilige Geist hat die
Menschen erfüllt und hat sie ausgesandt. Heute ist er gekommen, der
Heilige Geist, der auch der Paraklet, der Beistand, der Anwalt, der
Beschützer, der Lehrer, der Begleiter oder der Tröster genannt
wird. Schon seit dem 4. Jahrhundert wird Pfingsten als ein großes
Fest gefeiert und die Aussendung des heiligen Geistes an diesem Tag in
den Mittelpunkt gestellt. Ist Pfingsten also das Fest des Heiligen
Geistes? Der Heilige Geist ist unter uns und wirkt unter uns, er bringt
seine sieben Gaben und zwölf Früchte hervor, Früchte
des Glaubens, Früchte der Hoffnung und Früchte der Liebe.
Ist Pfingsten das Fest der Vorfreude auf diese Früchte? Wenn man
das in den Mittelpunkt stellt, dann kann Pfingsten auch als Erntefest
gefeiert werden.
Liebe Schwestern und liebe Brüder, in der Apostelgeschichte etwas
später als die heutige Perikope können wir lesen, dass Petrus
am Pfingsttag seine Zuhörer mit der Botschaft Jesu derart begeisterte,
dass sich 3000 Menschen an diesem Tag taufen ließen. Pfingsten kann
also auf jeden Fall durch die Taufe so vieler Menschen
als der Geburtstag der Kirche gesehen
werden. Und, wie wir gehört haben, beschreibt der Evangelist Lukas,
dass an Pfingsten die Apostel vom heiligen Geist inspiriert wurden und
sie die Fähigkeit erhielten, in den unterschiedlichsten Sprachen
von den Taten Gottes zu berichten und die Menschen zu begeistern. Somit
wurde an Pfingsten auch der Grundstein für die Mission gelegt.
Und wenn, wie wir eben festgestellt haben, der Pfingsttag der Geburtstag
der Kirche und die Kirche die Braut und Christus der Bräutigam ist,
dann kann Pfingsten auch als der Hochzeitstag Jesu gesehen werden, auch
wenn diese Hochzeit erst am jüngsten Tag vollendet wird.
Pfingsten können wir als Erntefest, als Missionstag, als Hochzeitstag
Jesu, und auf jeden Fall auch als Geburtstag der Kirche, unserer heiligen
Kirche sehen, mit Jesus dem Haupt und uns den Gliedern, den lebenden
Steinen unter dem Eckstein Jesus Christus. Und in diese Kirche hat Jesus
Christus den Heiligen Geist gesandt um sich zu verzeitlichen, um in dieser
unseren Kirche gegenwärtig zu sein. Gegenwärtig ist Jesus
in der Kirche durch den Heiligen Geist in den heiligen Sakramente, wie wir
es auch gleich wieder in der Eucharistie feiern werden, wenn Jesus Christus
als das Brot des Lebens zu uns kommt und wir in Jesus und Jesus in uns
sein kann.
Liebe Schwestern und liebe Brüder, was ist das für ein
großartiges Geschenk, was Jesus uns da gemacht hat. Jesus ist zu uns
Menschen gekommen und hat nicht nur die Botschaft vom Himmelreich gebracht,
er lässt uns sogar jetzt schon durch seine Heilige Kirche und seine
Zusage des Heiligen Geistes am Himmelreich teilhaben, jetzt schon hier
auf Erden.
Und wir? Was machen wir daraus? Was bedeutet für uns Kirche? Und
wie gehen wir mit unserer Kirche um? Wie gehen wir mit diesem
großartigen Geschenk unseres Herrn Jesus Christus um?
Manchmal habe ich das Gefühl, „Kirche“ besteht
im Denken vieler
Menschen nur noch aus ein paar wenigen Themen, die auch nur noch negativ
bewertet angesprochen werden, wie zum Beispiel Zölibat,
Frauenordination, Bischof Tebartz-van Elst, untragbare Vorstellungen zur
Sexualmoral, Sakramentenverweigerung für wiederverheiratet
Geschiedene, kirchliche Verschwendungssucht und, wenn wir hier weiter
nachdenken, wir könnten noch weitere Themen finden. Ist es das, was
wir aus dem großartigen Geschenk unseres Herrn und Gottes gemacht
haben?
Und manchmal, liebe Schwestern und liebe Brüder, manchmal erscheinen
mir gerade die kirchlich besonders gebundenen Menschen, und zu denen
gehören eben auch die hauptberuflich Angestellten und die Kleriker,
als besonders negativ. Anstelle in die strahlenden Gesichter der vom
Glauben erfüllten und von der Hoffnung wunderbar getragenen Menschen
zu blicken, sehen wir all zu häufig den Missmut und die Frustration
in deren Gesichtern stehen. Anstelle von der Frohen Botschaft unseres
Herrn Jesus Christus zu hören, die uns mit so unsagbarer Hoffnung
erfüllen kann, hören wir doch immer wieder nur das Klagen
über immer weiter reduzierte Haushaltspläne, über
Kirchenschließungen, fehlende Priester, über aus der Kirche
austretende Menschen und über all den Ärger, den das Engagement
für diese unsere Kirche so mit sich bringt. Kann das andere Menschen
anstecken? Ist das unser Glaube? Kann das die Begeisterung für die
Kirche zeigen? Entdecken wir dadurch unseren Glauben neu und bekommen wir
damit wieder volle Kirchen? übrigens, um das auch noch am Rande zu
erwähnen, wir leben in einer Zeit, in der der Hunger nach Antworten
auf die Fragen des Lebens und des Seins, der Wunsch nach Hoffnung und der
Schrei nach Gott so unsagbar groß ist, wie uns die vielen
Ersatzreligionen zeigen!
Jesus Christus hat uns mit seiner Kirche ein großartiges Geschenk
gemacht. Wie gehen wir mit diesem großartigen Geschenk unseres Herrn
Jesus Christus um?
Wir... wir, das bin ja auch ich! Wie gehe ich mit seinem Geschenk um? Denn
auch ich gehöre zu den eben angeklagten Klerikern und bin ein Teil
unserer Kirche, auch ich habe negativen Stimmungen und lebe sie manchmal
an anderen Menschen aus und kann in das allgemeine Kirchen-Lamento so gut
einstimmen. Auch ich strahle oftmals nicht diese Freude über meinen
Glauben aus, die ich gerade eingefordert habe! Wie gehe ich mit diesem
großartigen Geschenk um, dass Jesus Christus auch mir gemacht hat?
Wie sehr verletze ich meinen Herrn und meinen Gott Jesus Christus mit
meinem Verhalten?
Die selige Mutter Theresa, die demnächst heilig gesprochen wird,
wurde einmal gefragt, was sich ihrer Meinung nach als erstes in der Kirche
ändern müsse. Ihre Antwort war: Du und ich!
Auch wir müssen uns also ändern und unser Leben wieder auf Gott
und auf Jesus Christus hin ausrichten und unsere Freude über unseren
Glauben zeigen; auch ich muss mich ändern und darüber nachdenken,
welche Wirkung ich erziele, wenn ich das, was mein Lebensmittelpunkt sein
sollte, derart zu kurz kommen lasse!
Dabei weiß auch ich, wenn ich Menschen für den Glauben und die
Kirche, für den dreieinen Gott, den Vater, den Sohn und den Heiligen
Geist, für Maria, die Mutter Jesu und die Mutter der Kirche, für
die vielen Heiligen mit ihren vorbildhaften Lebensgeschichten und für
die Hoffnung auf Erlösung und auf ein ewiges Leben bei Gott, auf ewige
Glückseligkeit, wenn ich Menschen dafür begeistern will, dann
muss ich diesen Glauben ausstrahlen, ich muss ihn leben, ich muss
Zeugnis dafür geben. Dabei darf ich auf die Hilfe des Heiligen
Geistes vertrauen, denn ohne ihn werde ich das nicht schaffen. Ich muss
das Feuer in anderen Menschen entfachen, ich muss andere Menschen
dafür begeistern. So, wie schon der heilige Augustinus vor 1600
Jahren sagte: „Nur wer selbst brennt, kann Feuer in anderen
entfachen“.
Ich muss das Feuer der Leidenschaft ausstrahlen, ich muss meinen Glauben
an Jesus Christus zeigen, ich muss zu meinem Glauben an die heilige
katholische Kirche stehen, ich muss ihn als die wertvollste Kraftquelle
in meinem Leben ansehen. Ich muss brennen! Und die Quelle meines Glaubens
ist Jesus Christus, der in der Heiligen Kirche durch den Heiligen Geist
verzeitlicht ist. Die Quelle meines Glaubens ist die Kirche, deren
Geburtstag wir heute feiern. Die Kirche, in die Jesus Christus seinen
Geist gesandt hat. Die Kirche, in der Jesus Christus in den heiligen
Sakramente allgegenwärtig ist.
Liebe Schwestern und liebe Brüder, ich wollte ihnen heute von einem
für mich großartigen Erlebnis berichten. An meiner
Ausbildungsstätte, dem Erzbischöflichen Diakoneninstitut in
Köln hatten wir vor wenigen Wochen eine Veranstaltung, in der es um
Geistliche Gemeinschaften ging. Geistliche Gemeinschaften sind Gruppen von
Menschen, die in unserer römisch-katholischen Kirche ihren Glauben
besonders leben wollen, etwa durch besonders intensives Gebet, durch die
Förderung der eigenen Charismen, durch die besondere Verehrung eines
Heiligen, durch das Einhalten fester Gebetszeiten, oder auch durch
besondere Gelübde aber immer durch die Gemeinschaft mit anderen
Menschen in der Gemeinschaft mit Jesus Christus und in der Ausrichtung
auf Jesus Christus. Der Kölner Kardinal Meisner hatte solche
Geistlichen Gemeinschaften gefördert und empfohlen, in Köln finden
sich deshalb auch einige mehr als in unserem Essener Bistum. Der Vatikan
sieht in den Geistlichen Gemeinschaften ein wertvolles Instrument zur
Glaubensstärkung und zur Neuevangelisierung. Bekannte Geistliche
Gemeinschaften sind etwa der Neokatechumenale Weg, die
Schönstatt-Bewegung, die Legio Mariae, die wir auch bei uns in
Bochum antreffen, das Regnum Christi oder die Charismatische Erneuerung
und noch viele weitere; in einer letzten Zählung des Vatikans von
vor zehn Jahren waren weltweit über 120 solcher Gemeinschaften
päpstlich anerkannt. Und vier dieser Geistlichen Gemeinschaften
waren am Kölner Diakoneninstitut durch fünf Personen vertreten.
Liebe Schwestern und liebe Brüder, das war ein unglaubliches Erlebnis,
weil diese fünf Menschen ihren Glauben in den Mittelpunkt ihres Lebens
gestellt haben und ihn ausstrahlen. Weil diese fünf Menschen, alles
übrigens Laien, keine Kleriker, drei Frauen, zwei Männer, uns
Diakonen eine Ausrichtung auf Jesus Christus gezeigt haben, die ansteckend
ist, die brennt, die beispielhaft ist, die das Feuer in einem entfacht.
Weil diese fünf Menschen, in Beruf, Studium oder Rente, mit Familien
und Freunden, verheiratet, verwitwet oder alleinstehend, mit normalen
weiteren Interessen, mit Lebensläufen, die wir auch unter uns leicht
finden werden, mit unterschiedlichem Werdegang und unterschiedlichem
sozialen Hintergrund, weil diese fünf Menschen uns ihre Liebe zu
Gott und der Heiligen Mutter Kirche bezeugt haben einfach dadurch, dass
sie da waren und es so echt, so wirklich, so authentisch war. Weil sie
die Freude zeigten, die sie erfüllte, weil sie diese Freude
ausstrahlten! Weil diese fünf Menschen in einer Art Zeugnis
ablegten, die einmalig war. Vier verschiedene Gemeinschaften durch
fünf verschiedene Menschen vertreten, im Alter von 23 bis 80
Jahren, mit unterschiedlichen Ausrichtungen aber mit dem einen
Mittelpunkt: Jesus Christus! Der Jesus Christus, der uns an Pfingsten
das großartige Geschenk der Kirche gemacht und seinen Geist gesandt
hat.
e-mail: Ulrich Franzke <sinus@ulrich-franzke.de>