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Das Evangelium vom Ostersonntag (Lesejahr A, Joh 20, 1-18) im V-Ton |
Die Predigt
Liebe Schwestern und liebe Brüder,
vor einem Jahr durfte ich zum ersten Mal in Ihrer wunderschönen
Roßhauptener Dorfkirche bei ihrem Pfarrer Schneider in der Osternacht
assistieren, das Exsultet und das Evangelium singen und die Predigt halten.
Es war für mich ein ganz besonderes Erlebnis, von dem ich vielen Menschen
bei mir zu Hause im Ruhrgebiet gerne erzählt habe. Ostern in ihrem Dorf
Roßhaupten, in das wir nun seit 17 Jahren regelmäßig kommen,
ist für meine Familie und mich sehr wertvoll. Und die Osternacht, als
Diakon in dieser Kirche, ist für mich etwas ganz besonderes!
In meiner Einsatzgemeinde in Bochum-Wattenscheid spendete ich, als
Ständiger Diakon mit Zivilberuf, seit meiner Weihe vor anderthalb
Jahren 20 Mal das Sakrament der Taufe. Zu jeder Taufe gehören die
Taufgespräche und so komme ich immer wieder zu den Menschen nach Hause
und erlebe Unterschiedlichstes; manchmal tiefen und bewegenden Glauben,
manchmal aber auch sehr große Glaubensunsicherheit. Und wegen dieser
Glaubensunsicherheit, so bin ich überzeugt, müssen wir, sie und ich,
vielmehr mehr über unseren Glauben nachdenken und darüber sprechen,
um im Glauben wieder sicher zu werden und uns in unserem Glauben wieder
auszukennen. Und dann sind wir auch bereit und fähig, die vielen Fragen
beantworten zu können, die auf uns zukommen werden. Und wir dürfen
dabei den hl. Geist im Gebet anrufen und auf ihn vertrauen, denn er wird uns
helfen, unseren Glauben zu verstehen und zu festigen.
Liebe Brüder, liebe Schwestern, heute feiern wir unser größtes
Fest, heute ist Ostern, jetzt ist Ostern. Unser Herr und Erlöser Jesus
Christus ist von den Toten auferstanden. Heute ist er auferstanden, er hat den
Tod überwunden. Jesus Christus hat für uns ein unbeschreiblich
großes Opfer gebracht, damit auch wir auferstehen können.
Liebe Schwestern und liebe Brüder,
was haben wir da gerade gehört? Jesus hat ein unbeschreiblich
großes Opfer gebracht? Damit auch wir auferstehen können? Ist das
heute überhaupt noch zu verstehen? Können wir so etwas heute noch
glauben? Welche Bedeutung hat Ostern für uns? Welche Bedeutung hat das
Osterereignis für sie? Können sie diese Frage beantworten?
Können sie diese existentielle und elementare Frage beantworten?
– Eine
Frage, von der das Heil, ihr Heil – und auch mein Heil,
abhängt! Lassen
Sie uns dazu einen Blick zurückwerfen in die gerade vergangene Karwoche,
als Jesus der Prozess gemacht wurde, als Jesus gegeisselt und gekreuzigt wurde
und als Jesus vom Kreuz abgenommen und ins Grab gelegt wurde. Mein
Lieblingsengelchen dort oben über dem Josefaltar zeigt auf das Kreuz, das
da doch so wunderschön aussieht. Es zeigt auf das Kreuz, das von vielen
Menschen heute nur noch als Folter- und Tötungsinstrument verstanden wird
und doch unser Hoffnungssymbol ist. Lassen sie uns ein paar Fragen durchgehen,
die Fragen nach dem Was, dem Wann, dem Wo, dem Wer und dem Warum.
Was – Was ist geschehen vor 2000 Jahren? Dem Zimmermannssohn
Jesus von Nazareth ist vor dem römischen Statthalter Pontius Pilatus der
Prozess gemacht worden. Es kam unter der römischen Besatzung in Israel
häufig vor, das Juden der Prozess gemacht und sie getötet wurden.
Auch Jesus von Nazareth, zusammen mit zwei anderen Männern, ist zum Tod
am Kreuz verurteilt und dann gekreuzigt worden. Der Kreuzestod ist ein sehr
grausamer Tod, der durch Ersticken erfolgt. Angenagelt mit den Händen am
Kreuzesbalken und den Füßen auf einem Fußpodest stehend kann
sich der Gekreuzigte, dessen Lungen durch sein eigenes Gewicht
zerrissen werden, unter größten Schmerzen immer wieder
hochschieben, um dann doch noch einmal Luft zu schnappen, und dem
Erstickungstod zu entgehen – bis ihn irgendwann die Kraft dazu
verläßt und der Schmerz und sein eigenes Gewicht zu groß
werden. Das Sterben am Kreuz kann sich über Tage hinziehen und ist eine
der grausamsten und erniedrigensten Tötungsarten, die man sich vorstellen
kann. Jesus wußte, was ihn erwartete, dennoch ist er diesen Weg
freiwillig gegangen, bis zum Tod am Kreuz – er hätte auch
fliehen können. Er hat aber dieses Opfer gebracht.
Wann – Wann ist es geschehen? Kurz vor dem jüdischen
Pessach-Fest. Im jüdischen Buch der Jubiläen, dass
wahrscheinlich um 150 vor
Christus entstanden ist, steht: „Das Pessach-Lamm werde Gott am Tempel
geopfert, um ganz Israel erneut ein Jahr lang vor Strafen und Plagen zu
bewahren.“ Und Jesus Christus, unser Retter und Erlöser hat sich
doch genau vor dem Pessachfest geopfert, er ist als Pessach-Lamm am Freitag
vor dem Fest geschlachtet worden, so wie es das jüdische Gesetz für
das Opferlamm vorsieht, um uns alle vor Strafen und Plagen zu bewahren.
Müssen wir dann nicht von einem Sühneopfer sprechen, das Jesus
für uns gebracht hat? Jesus Christus, das Lamm Gottes, das hinwegnimmt
die Sünden der Welt!
Wo – Wo hat Jesus sich als Opferlamm dargebracht? In Jerusalem, der
Stadt, die an den drei israelitischen Wallfahrtsfesten, so also auch an
Pessach, von den gläubigen Juden bepilgert werden musste, um dort
für Gott das Opfer dar zu bringen und das Pessach-Lamm zu essen. Anders
als für uns war es für die Anhänger und Jünger Jesu sofort
ersichtlich, dass Jesus hier als Pessach-Lamm und somit als Sühneopfer
zu verstehen ist.
Die vierte Frage, die wir stellen müssen, ist die nach dem
Wer – Wer hat sich da eigentlich geopfert? Wir Christen bekennen
das, was auch der römische Hauptmann unter dem Kreuz bekannt hat mit den
Worten: „Wahrlich, dieser ist Gottes Sohn gewesen!“ Jesus
Christus, der Sohn Gottes, hat sich ans Kreuz schlagen lassen, er der alle
Macht gehabt hätte, dem Kreuz zu entkommen, wie es der Schächer am
Kreuz neben ihm forderte, als er sagte: „Wenn du Gottes Sohn bist, hilf
dir selbst, und steig herab vom Kreuz!“ Aber er, Jesus Christus, hat es
nicht gemacht, er hat sich kreuzigen lassen und ist am Kreuz gestorben. Er,
Jesus Christus, der Mann mit dem göttlichen Vater und der menschlichen
Mutter und damit wahrer Gott und wahrer Mensch, mit all den Problemen, die uns
das heute macht, uns so etwas vorzustellen, er der Sohn Gottes und damit ganz
Gott und dennoch ganz Mensch, er ist gekreuzigt worden und ist nicht vom Kreuz
herabgestiegen, obwohl er es doch gekonnt hätte.
Und jetzt kommen wir zu der letzten und auch am schwierigsten zu
beantwortenden Frage: Warum – Warum hat der Sohn Gottes sich als
Opferlamm dargebracht, warum hat er sich ans Kreuz schlagen lassen? Diese
Frage kann man nur angesichts des Osterereignisses beantworten. Ohne Ostern,
ohne die Auferstehung unseres Erlösers Jesus Christus hätten wir die
vorhergehenden Fragen nach dem Was, Wann und Wo nicht stellen müssen,
denn sie wären sinnlos gewesen – auch die Frage nach dem Wer
hätte keinen Sinn gehabt, denn ein Gott, der den Tod nicht
überwinden kann, ist kein Gott, ist nicht allmächtig! Jesus hat sich
an das Kreuz schlagen lassen, um uns zu retten, um unsere Sünden wie ein
Sündenbock auf sich zu laden und dafür zu sühnen, um uns
fähig zu machen, vor Gott treten zu können, rein vor Gott treten
zu können, denn befleckt und voller Sünde können wir nicht vor
Gott treten. Um, wie der Apostel Paulus schreibt, durch sein Opfer die
Sünde zu tilgen, um die Sünden vieler hinwegzunehmen. Warum also
hat Jesus Christus sich als Opferlamm dargebracht? Um uns zu retten, um uns zu
erlösen, um uns ewiges Leben zu schenken, weil er uns liebt, unendlich
liebt.
Und Jesus ist als wahrer Gott und wahrer Mensch zu uns gekommen, mit einem
göttlichen Vater und einer menschlichen Mutter. Einem Menschen, der uns
von Erlösung und Auferstehung erzählt hätte, müssten wir
nicht glauben, denn Menschen können lügen. Einem Gott hätten wir
auch misstrauen können, der hätte ja vielleicht nur sich selber
gerettet. Aber einer, der wahrer Gott und wahrer Mensch ist, so einer
verkörpert nicht nur die Liebe Gottes zu uns Menschen, so einer ist die
Liebe Gottes. So einer zeigt uns, wie ernst es Gott mit uns meint. So einer
zeigt uns, dass auch wir auferstehen können und ewiges Leben haben
werden. Und Jesus hat uns mit dem, was da nach dem Willen Gottes vor 2000
Jahren geschehen ist, berührt, angerührt und erreicht. Und schauen
Sie, liebe Brüder und Schwestern, wie gut das funktioniert hat, denn sie
sind ja heute hier und glauben ihm, sie sind heute hier und wir alle zusammen
feiern unser größtes Fest, feiern Ostern, feiern die Auferstehung
unseres Siegers und Retters, feiern seinen Sieg – für
uns – über den Tod! Der Engel war es, der zu den Frauen
sagte: „Fürchtet euch nicht! Ich weiß, ihr sucht Jesus,
den Gekreuzigten. Er ist nicht hier, denn er ist auferstanden.“ Und dann
verließen die Frauen das Grab und der auferstandene, der lebendige
Jesus, der gekreuzigte, der den Tod überwunden hat, Jesus Christus,
Gottes Sohn, wahrer Mensch und wahrer Gott, kam ihnen entgegen.
Liebe Brüder, liebe Schwestern, Jesus Christus lebt! Heute feiern wir
unser größtes Fest, heute ist Ostern, jetzt ist Ostern. Und wir
dürfen sogar jeden Sonntag Ostern feiern, denn jede hl. Messe, jedes hl.
Messopfer ist eine unblutige Erneuerung des Kreuzesopfers Jesu Christi, ist
sakramentales Gedächtnis an sein Leiden, Sterben und seine Auferstehung.
Mit jedem hl. Messopfer legt uns Jesus Christus sein Opfer wieder vor, das er
ein für allemal auf Golgota dargebracht hat. Und daran erinnern wir auch
immer wieder mit dem Geheimnis des Glaubens, dem Ruf nach der Wandlung:
„Deinen Tod, o Herr, verkünden wir, und deine Auferstehung preisen
wir“!
Und das Kreuz? Wie in der Wandlung des Brotes in den Leib Christi hat auch das
Kreuz eine Wandlung vollzogen, hier keine Wesensverwandlung, sondern eine
Sinnwandlung: Vom Mordinstrument zu unserem Objekt der Hoffnung.
Anbetungswürdig und heilig ist es, das Kreuz, das unseren Herrn und
König, unseren Retter und Erlöser für uns getragen hat und an
dem er sich als Opfer brachte, als Opfer für uns, damit wir zu Gott
kommen können, damit wir dereinst in der Herrlichkeit Gottes des
Vaters und des Sohnes und des Hl. Geistes mit der seligen Jungfrau Maria und
allen Heiligen – selber als Heilige – leben werden!
Jesus Christus, das Opferlamm, ist, durch das Osterereignis, zum Osterlamm
geworden. Jesus Christus, unser Retter und Sieger, unser Herr und unser Gott,
unser König und Erlöser, er ist auferstanden. Heute ist er
auferstanden! Damit auch wir zu Gott kommen können! Und das kleine
Engelchen dort oben, indem es auf das Kreuz weist, zeigt es uns das, das ganze
Jahr, jeden Tag, an dem wir in diese Kirche kommen.
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e-mail: Ulrich Franzke <diakon@franzke-bochum.de>