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Ulrich Franzke <diakon@franzke-bochum.de>
+ Aus dem heiligen Evangelium nach Johannes (Joh 4.5-42)
In jener Zeit kam Jesus zu einem Ort in Samarien, der Sychar hieß und nahe bei dem Grundstück lag, das Jakob seinem Sohn Josef vermacht hatte. Dort befand sich der Jakobsbrunnen. Jesus war müde von der Reise und setzte sich daher an den Brunnen; es war um die sechste Stunde.
Da kam eine samaritische Frau, um Wasser zu schöpfen.
Jesus sagte zu ihr: Gib mir zu trinken!
Seine Jünger waren nämlich in den Ort gegangen, um etwas zum Essen zu kaufen.
Die samaritische Frau sagte zu ihm: Wie kannst du als Jude mich, eine Samariterin, um Wasser bitten?
Die Juden verkehren nämlich nicht mit den Samaritern.
Jesus antwortete ihr: Wenn du wüsstest, worin die Gabe Gottes besteht und wer es ist, der zu dir sagt: Gib mir zu trinken!, dann hättest du ihn gebeten, und er hätte dir lebendiges Wasser gegeben.
Sie sagte zu ihm: Herr, du hast kein Schöpfgefäß, und der Brunnen ist tief; woher hast du also das lebendige Wasser? Bist du etwa größer als unser Vater Jakob, der uns den Brunnen gegeben und selbst daraus getrunken hat, wie seine Söhne und seine Herden?
Jesus antwortete ihr: Wer von diesem Wasser trinkt, wird wieder Durst bekommen; wer aber von dem Wasser trinkt, das ich ihm geben werde, wird niemals mehr Durst haben; vielmehr wird das Wasser, das ich ihm gebe, in ihm zur sprudelnden Quelle werden, deren Wasser ewiges Leben schenkt.
Da sagte die Frau zu ihm: Herr, gib mir dieses Wasser, damit ich keinen Durst mehr habe und nicht mehr hierher kommen muss, um Wasser zu schöpfen.
Er sagte zu ihr: Geh, ruf deinen Mann, und komm wieder her!
Die Frau antwortete: Ich habe keinen Mann.
Jesus sagte zu ihr: Du hast richtig gesagt: Ich habe keinen Mann. Denn fünf Männer hast du gehabt, und der, den du jetzt hast, ist nicht dein Mann. Damit hast du die Wahrheit gesagt.
Die Frau sagte zu ihm: Herr, ich sehe, dass du ein Prophet bist. Unsere Väter haben auf diesem Berg Gott angebetet; ihr aber sagt, in Jerusalem sei die Stätte, wo man anbeten muss.
Jesus sprach zu ihr: Glaube mir, Frau, die Stunde kommt, zu der ihr weder auf diesem Berg noch in Jerusalem den Vater anbeten werdet. Ihr betet an, was ihr nicht kennt, wir beten an, was wir kennen; denn das Heil kommt von den Juden. Aber die Stunde kommt, und sie ist schon da, zu der die wahren Beter den Vater anbeten werden im Geist und in der Wahrheit; denn so will der Vater angebetet werden. Gott ist Geist, und alle, die ihn anbeten, müssen im Geist und in der Wahrheit anbeten.
Die Frau sagte zu ihm: Ich weiß, dass der Messias kommt, das ist: der Gesalbte – Christus. Wenn er kommt, wird er uns alles verkünden.
Da sagte Jesus zu ihr: Ich bin es, ich, der mit dir spricht.
Inzwischen waren seine Jünger zurückgekommen. Sie wunderten sich, dass er mit einer Frau sprach, aber keiner sagte: Was willst du?, oder: Was redest du mit ihr?
Da ließ die Frau ihren Wasserkrug stehen, eilte in den Ort und sagte zu den Leuten: Kommt her, seht, da ist ein Mann, der mir alles gesagt hat, was ich getan habe: Ist er vielleicht der Messias?
Da liefen sie hinaus aus dem Ort und gingen zu Jesus.
Währenddessen drängten ihn seine Jünger: Rabbi, iss!
Er aber sagte zu ihnen: Ich lebe von einer Speise, die ihr nicht kennt.
Da sagten die Jünger zueinander: Hat ihm jemand etwas zu essen gebracht?
Jesus sprach zu ihnen: Meine Speise ist es, den Willen dessen zu tun, der mich gesandt hat, und sein Werk zu Ende zu führen. Sagt ihr nicht: Noch vier Monate dauert es bis zur Ernte? Ich aber sage euch: Blickt umher und seht, dass die Felder weiß sind, reif zur Ernte. Schon empfängt der Schnitter seinen Lohn und sammelt Frucht für das ewige Leben, so dass sich der Sämann und der Schnitter gemeinsam freuen. Denn hier hat das Sprichwort recht: Einer sät, und ein anderer erntet. Ich habe euch gesandt, zu ernten, wofür ihr nicht gearbeitet habt; andere haben gearbeitet, und ihr erntet die Frucht ihrer Arbeit.
Viele Samariter aus jenem Ort kamen zum Glauben an Jesus auf das Wort der Frau hin, die bezeugt hatte: Er hat mir alles gesagt, was ich getan habe.
Als die Samariter zu ihm kamen, baten sie ihn, bei ihnen zu bleiben; und er blieb dort zwei Tage.
Und noch viel mehr Leute kamen zum Glauben an ihn aufgrund seiner eigenen Worte.
Und zu der Frau sagten sie: Nicht mehr aufgrund deiner Aussage glauben wir, sondern weil wir ihn selbst gehört haben und nun wissen: Er ist wirklich der Retter der Welt.
Lieber Schwestern und liebe Brüder,
das heutige – lange – Evangelium erscheint auf den ersten Eindruck sehr sperrig. Es könnte viel schneller erzählt werden: Müde und durstig kommt Jesus beim Jakobsbrunnen an. Da ist eine Frau, um Wasser zu schöpfen, es beginnt ein Gespräch zwischen den Beiden. Obwohl die Frau keine Jüdin sondern Samariterin ist, schenkt sie Jesus Glauben, eilt zu ihren Leuten und berichtet denen von ihrer Begegnung. Die Leute kommen und erkennen in Jesus den Retter der Welt. Ja, so wäre das heutige Evangelium viel schneller erzählt … und hätte alles verloren, was an Tiefe in ihm ist. Papst Benedikt XVI. hat die heutige Frohe Botschaft als einen der schönsten und tiefsten Texte der Bibel bezeichnet.
Lassen Sie mich dazu eine Erinnerung erzählen: In den 1990er Jahren war ich beruflich öfter in Jerusalem. Nachmittags und an freien Tagen nutzte ich die Zeit, um ausgedehnte Spaziergänge durch die Stadt zu machen. „Nimm dir was zu trinken mit“, wurde ich immer wieder ermahnt. Aber wofür etwas zu trinken? So zog ich los, den Photoapparat umgehängt. Bei über 40 Grad Außentemperatur und einer Luftfeuchtigkeit von unter 20% reichten mir als Kleidung ein T-Shirt, kurze Hose und Sandalen.
Zwei Stunden war ich in den Straßen und Gassen der Stadt unterwegs, mein T-Shirt war trocken und dennoch bildeten sich die weißen Salzränder vom Schwitzen überall. Ich schwitzte, ohne dass mein T-Shirt feucht wurde. Als ich meinen Photoapparat benutzen wollte, bemerkte ich, dass sich unter dem breiten Haltegurt des Apparates auf meinem T-Shirt ein feuchter Streifen aus Schweiss gebildet hatte, der aber augenblicklich ebenfalls weg trocknete. Durst merkte ich noch keinen, aber ein stechender Kopfschmerz fing an mich zu lähmen. Ich suchte mir einen Schattenplatz, um mich hinzusetzen, doch der Kopfschmerz wurde immer schlimmer. Und dann, schlagartig, kam der Durst dazu. Ich spürte, dass mein Mund trocken war, die Zunge am Gaumen klebte – und dazu der unbeschreibliche Kopfschmerz. In Israel findet man glücklicherweise ab und zu Trink-Wasserspender und solch einer war meine Rettung.
So wie ich damals in Israel wird auch Jesus einen unbeschreiblichen Durst gehabt haben. Ich habe diesen Zustand nur einmal erlebt, Jesus wird ihn aber als fast alltäglich gekannt haben.
Diesen unbeschreiblichen Durst werden wir uns heute ansehen. Das machen wir aus der Position der samaritischen Frau. Lassen Sie sich ein auf ein kleines Experiment und eine Reise, zu der sie auch gerne die Augen schließen können: Versetzen Sie sich jetzt in diese Frau, seien Sie für die nächsten Minuten diese samaritische Frau in der damaligen Zeit.
Es ist ein Tag wie jeder andere, die Sonne brennt heiß und brutal vom wolkenlosen Himmel. Sie gehen zum Brunnen, um Wasser zu holen, so wie Sie es pflichtbewusst jeden Tag machen. Heute gehen Sie allerdings etwas später, erst zur sechsten Stunde, also in der größten Mittagshitze. Gut geht es Ihnen nicht, sie spüren die Hitze – doch da ist noch etwas anderes: da ist eine Unzufriedenheit in Ihnen, es scheint, als würde Ihr immer gleiches und resigniertes Leben sie erdrücken wollen. Ob Sie nun fünf Männer, fünf Arbeitgeber, fünf Freunde oder fünf sonstige Hoffnungen in Ihrem Leben hatten, ist egal. Sie leben jetzt mit jemandem zusammen, aber sind sie glücklich? Sie als diese samaritische Frau sind Sinnbild für viele Menschen unserer Zeit: Innerlich leer, ausgebrannt, enttäuscht, traurig, sich selbst aufgegeben, hoffnungslos, skeptisch und eher verschlossen. Hungrig, durstig – bedürftig – an der Seele. Sie funktionieren nur noch. Irgendwie. Etwas fehlt in ihrem Leben, es dürstet Sie. Es ist aber kein Durst nach Wasser, sondern Durst nach Leben. Es dürstet Sie. Am Brunnen sehen Sie jemanden sitzen, naja, das ist schon doof, dass der da so nah am Brunnen sitzt, der könnte Sie ja irgendwie aus dem Trott und der Gleichheit des Tages heraus reißen. Sie fragen sich: Ist der eine Bedrohung für mich? Wird der mich stören? Was will der da? Und jetzt spricht er Sie auch noch an und fragt Sie nach Wasser. Sie sind erstaunt, denn Sie kennen diesen Menschen nicht, er scheint so anders zu sein. Dennoch lassen Sie sich auf ein Gespräch ein. Dieser Mann berichtet Ihnen Details aus Ihrem Leben, als würde er sie ganz genau kennen. Und er erzählt Ihnen etwas von einem Wasser, dass allen Durst für immer löschen kann, er erzählt etwas von einem lebendigen Wasser, dass ewiges Leben schenkt und sie spüren auf einmal Ihre Sehnsucht nach diesem Wasser des Lebens, sie spüren Ihren Durst. Kein Durst, der die Zunge am Gaumen kleben lässt, ein ganz anderer Durst, ein Seelendurst.
Liebe Schwestern, liebe Brüder, wer von uns kennt diesen Seelendurst nicht?
Lassen Sie uns noch kurz unser Gedankenexperiment weiterspielen und weiter samaritische Frau sein. Sie führen Ihr Gespräch mit dem Mann fort und kommen zu einem Thema, was heute – in unserer Zeit – überhaupt nicht mehr angesprochen wird: der Glaube. Sie sprechen mit diesem Mann über Ihren Glauben und bekommen Antworten. Sie sollen keinen Gott anbeten, für den man einen Anbetungsort braucht, sondern sie sollen einen Vater anrufen, den man anbetet im Geist und in der Wahrheit; denn so will der Vater angebetet werden. Gott ist Geist, und alle, die ihn anbeten, müssen im Geist und in der Wahrheit anbeten. Und mit dieser Antwort können sie noch nichts anfangen und so sagen Sie: Ich weiß, dass der Messias kommt, das ist: der Gesalbte – Christus. Wenn er kommt, wird er uns alles verkünden.
Da sagt der fremde Mann zu Ihnen: „Ich bin es, ich, der mit dir spricht.“
Und Sie, in ihrer Rolle als samaritische Frau, fühlen eine Begeisterung, einen Frieden und einen Handlungsdrang und eilen fort, ihren Leuten davon zu erzählen. Ihr Durst ist gestillt, jetzt wollen Sie nur noch das Erlebte teilen!
Liebe Brüder, liebe Schwestern, Jesus kennt den Durst der Menschen und thematisiert das immer wieder, etwa beim Laubhüttenfest, wo er sagt: „Wer Durst hat, komme zu mir und es trinke, wer an mich glaubt!“ Oder bei seiner Rede über das Himmelsbrot, wo er sich als das Brot des Lebens zu erkennen gibt und sagt: „Wer zu mir kommt, wird nie mehr hungern, und wer an mich glaubt, wird nie mehr Durst haben.“ Jesus kennt unseren Durst. Vielleicht war deshalb auch das erste von Jesus gewirkte Wunder das Wein-Wunder bei der Hochzeit zu Kana, wo er Wasser in Wein verwandelt hat.
Aber Jesus, wahrer Mensch und wahrer Gott, kennt noch einen ganz anderen Durst, den er heute im Evangelium auch angesprochen hat, als er am Brunnen die samaritische Frau aufforderte: „Gib mir zu trinken!“ Jesus kennt den Durst Gottes. Den Durst, den er am Kreuz als letztes angesprochen hat mit den Worten: „Mich dürstet.“ Es ist der Durst Gottes nach uns Menschen, nach unserer Zuneigung zu ihm und unserer Gottesliebe. Und als der Mensch ihm dann aus dem Essiggefäß einen Schwamm voll hoch gereicht hatte, als der Mensch zumindest dieses Mitleid noch aufbringen konnte, konnte Gott, konnte Jesus gehen mit den Worten: „Es ist vollbracht.“ Dann neigte er das Haupt und überantwortete den Geist dem Vater.
Zu diesem Durst Gottes schrieb Papst Benedikt XVI.: „Der Durst Christi ist eine Eingangspforte zum Geheimnis Gottes, der zum Dürstenden geworden ist, um unseren Durst zu löschen, so wie er arm geworden ist, um uns reich zu machen. Ja, Gott dürstet nach unserem Glauben und nach unserer Liebe.“
Liebe Schwestern, liebe Brüder, Durst kann fürchterlich sein. Aber Jesus Christus, Wasser des Lebens und Quelle der Hoffnung, ist gekommen, um unseren Durst zu stillen und nun ist es unsere Aufgabe, mit seinem Durst umzugehen. Ihm unsere Liebe, unsere Zuneigung und unseren Glauben zu Füßen zu legen, damit auch er seinen Durst stillen kann. Und wie die samaritische Frau, die nach der Begegnung mit dem Herrn zu ihren Leuten eilte und damit den Durst Gottes stillte, so können auch wir nach der Eucharistiefeier mit Jesus Christus in uns als lebende Monstranzen aus dieser Kirche eilen und Gott so in alle Welt tragen und unseren Glauben ausstrahlen. So können wir den Durst Gottes stillen.
Das Gebet
Im Moment ist es absolut wichtig, Gott um seine Hilfe und seinen Beistand in
dieser schweren Corona-Zeit anzurufen und sein Eingreifen zu erflehen. Ihn,
wie Papst Franziskus es für 12 Uhr des 25. März, des Tages der Verkündigung
des Herrn, aufgerufen hat, im
Sturmgebet gegen das Corona-Virus um seine Hilfe anzuflehen.
Dafür sollen die Christen, so der Papst, weltweit einen Moment innehalten
und ein Vaterunser beten: „In diesen Tagen der Prüfung, während
die Menschheit vor der Bedrohung durch die Pandemie zittert, möchte ich allen
Christen vorschlagen, gemeinsam ihre Stimme zum Himmel zu erheben.“ Ich
schließe mich diesem Aufruf nachdrücklich an. Und das Gebet an unseren Herrn
Jesus Christus, an Gottvater und an den Heiligen Geist soll auch über den 25.
März hinaus gepflegt werden. Ich selber bete dafür, dass unser Hilferuf an
Jesus Christus so schnell wie möglich wieder dem Lobpreis weichen kann.
Gott segne Sie!
Ihr Diakon Ulrich Franzke
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